Sie nennen mich Bello

Heute ist Welttag des Hundes, gleichzeitig beginnt die Jagdsaison in Spanien. Dies bedeutet für Hundertausende Galgos ein wörtlicher Wettlauf mit der Zeit. Es gibt soviel Hundeelend auf dieser Welt, weshalb ich euch die Geschichte von “Bello” erzählen möchte. Bello steht für soviele Straßenhunde und Streuner, deren Leben kein schönes ist. Bello kommt nicht aus Spanien wie unsere Amy, er ist ein waschechter Italiener mit französichen Wurzeln (Griffon de Bretagne) aber das wussen wir zum Zeitpunkt unseres Zusammentreffens noch nicht. Hier seine Geschichte.

Sie nennen mich Bello! Das ist italienisch und heißt “der Schöne”. Ganz ehrlich? Ich fühle mich nicht schön. Im Gegenteil. Ich fühle mich hässlich, nutzlos und am liebsten wäre ich unsichtbar. Ich habe große Angst vor den Menschen, sie bedeuten für mich Schmerz, Geschrei und Schläge. Ich renne so schnell ich auf meinen schwachen Beinen kann weg, wenn sie auf mich zukommen. Zu sehr erinnere ich mich noch an die Schläge von dem Mann, dem ich die ersten Jahre meines Lebens treu ergeben war.

Ich lebte in einem Käfig, die Menschen nennen es Zwinger, mit vielen Hunden. Ich war schon immer im Rudel in der Rangordnung niedrig gestellt und dies Bedeutete, dass ich häufig hungrig war. Ich biss mir die Zähne vor Hunger und Langeweile an den kalten Gitterstäben des Käfigs kaputt und versuchte mich aus Ärger raus zu halten. Wann immer der Mensch, der unser “Herr” war, kam, um uns mit zur Jagd zu nehmen, freute ich mich.
Ich liebe es zu laufen, doch durch das viele rumliegen und wenige Laufen, waren meine Hinterbeine zu schwach und taugte nicht mehr zur Jagd.
Schließlich wurde ich brutal von meinem Rudel getrennt und roh in ein Auto gepackt. Ich wusste nicht wie mir geschah. In den Bergen riss mich mein Mensch aus dem Kofferraum und ich bekam die Schläge meines Lebens. Tritte, Prügel mit einem Stock gegen Kopf, Körper und Beine. Ich jaulte vor Schmerz, doch es gab kein Erbarmen. Ich bemerkte wie mir ein Zahn ausgeschlagen wurde und ich rannte, ich rannte und humpelte von diesem grausamen Mensch weg und schlug mich mehr schlecht als Recht durch. Es waren nicht so sehr die Schläge, die mir wehtaten. Es war der Verrat des Menschen, der mein Vertrauen auf so grausame Art missbrauchte.
Ich hatte Angst, mir war unendlich kalt und ich fror. Meine Kraft verließ mich und ich legte mich vor eine Kammer und wartete darauf, dass der Engel kam und mir Liebe und Wärme schnenkte.
Der Engel kam, nur ganz anders als erwartet. Die Frau weckte mich aus meinem Dämmerschlaf, als Streuner auf der Straße schläfst du niemals richtig, viel zu Gefährlich ist das! Die anderen Hunde stürzen sich sonst auf dich, oder noch schlimmer, die Menschen prügeln dich von deinem Ruheplatz weg!

Diese Begegnung sollte mein Schicksal in den weiteren Monaten zum Guten wenden. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich das jedoch noch nicht. Sie sprach leise mit mir, beruhigend, und ich bemerkte etwas in ihrer Stimme, dass ich so noch nie von einem Menschen gehört hatte: Güte! Und so folgte ich ihr.
Ich bekam Essensreste von der Frau hingestellt und ich kaute diese Vorsichtig, ich hatte noch immer große Schmerzen, doch ich war so hungrig und ich aß alles bis auf den letzten Krümel auf.
So vergingen die Wochen und Monate. Ich freundete mich mit dem Hund neben dem Haus der Frau an, an dem ich mich von nun an aufhielt. Igor kann so eine Nervensäge sein, besonders wenn er mir mein Essen klaut, aber er erzählte mir wie es ist Nachts im Haus schlafen zu können, sicher vor den Gefahren, die uns Straßenhunden das Leben kosten können.
In mir regte sich die Sehnsucht nach einem Heim, wo ich auf einer kuscheligen Decke schlafen durfte, Menschen, die mich nicht schlagen und treten würden, wo ich in Sicherheit war.
Mein jetziges Leben war um einiges Besser als das, was hinter mir lag und so begnügte ich mich mit meinem Bett im Sandhaufen vorm Haus, oder dem Boden vor der Tür. Ich hielt Nachts Wache, damit die Wildschweine nicht in mein Revier eindrangen und versuchte Tagsüber etwas Schlaf zu finden.
Es wurde immer wärmer und ich bemerkte, dass die Menschen in dem Haus, vor dem ich Wache hielt, immer aufgeregter wurden. So wie ich mitbekam, wollten sie für einige Tage wegfahren. Ich fragte mich, wer sich um mich kümmern würde und eine neue Angst beschlich mich. Würde ich verjagt werden? Würde ich Hungern müssen?
Dann waren sie plötzlich weg und ich war allein. Was sollte ich tun? Wo sollte ich hin? Ich beschloss abzuwarten.
Gleich am Morgen, später als sonst, ich hatte die Hoffnung auf ein Frühstück am Morgen schon aufgegeben, kamen drei Menschen in einem mir unbekannten Auto angefahren. Ich bekam Angst und wich zurück. Wer war das? Das kleinste Menschlein gefiel mir am besten, sie war so freundlich und roch so gut. Vor ihr hatte ich keine Angst und zum ersten Mal seit langer Zeit ließ ich mich von einem Mensch anfassen. Es fühlte sich so gut an! Das Mädchen, Katharina wird sie genannt, strich mir sanft über mein schmutziges Fell und es war ihr vollkommen egal. Sie redete mit mir in einer Sprache die ich nicht verstand, aber es war mir gleich. Sie sollte nie mehr aufhören. Die “großen” Menschen bereiteten mir in der Zeit mein Frühstück zu und Igor dieser freche Kerl wollte sich seinen Anteil schnappen, doch die Frau verscheuchte ihn und achtete auf mich, bis ich meine Portion gegessen hatte. Aber der Mann, der Mann machte mir fürchterliche Angst und auch die Frau war mir nicht geheuer.
Auch sie streichelte mich sanft und es traf mich wie der Blitz. DIESE MENSCHEN waren GUT. Und dann stiegen sie in ihr Auto und waren weg. Von da an kamen sie jeden Tag, Morgens und Abends, gaben mir frisches Wasser und etwas zu Essen, versuchten mich zu streicheln und redeten sanft mit mir. Sie besorgten mir einen großen Napf für Wasser und einen für mein Essen, gaben mir eine Tablette und oh Wunder, das schreckliche Jucken auf meiner Haut hörte endlich auf! Die Frau sagte immer zu mir “Du bist ein richtiger “Bello”. Das ist jetzt dein Name, “Bello”, weil du so ein hübscher bist.” Ich hatte einen Namen!!!! Ich konnte es nicht fassen. Ich hatte noch nie einen Namen und es fühlte sich auf meiner Seele wie ein Sonnenstrahl im Frühling an.

Dann war mein “Engel” wieder da und mit ihnen auch diese komischen Menschen, die plötzlich ständig im Haus waren. Das Mädchen und die Frau kamen häufig aus dem Haus, setzten sich in meine Nähe und streichelten mich.
Ich begann mich zu freuen wenn sie heim kamen und wartete sehnsüchtig auf meinem Sandhaufen bis sie wieder kamen. Nie packten sie zu hart in mein Fell oder taten mir weh.
Die Frau setzte sich eines Tages zu mir und sprach mit mir. Worte wie “Ich möchte dich mitnehmen, aber dafür musst du mir helfen.” Oder “Wenn du mit uns nach Deutschland kommst, dann musst du nie wieder draußen sein, es sei denn du möchtest das” fielen. Ich begann von einem zu Hause zu träumen, einem weichen Kissen und Sicherheit.
Leider sah die Realtiät erst einmal anders aus. Es kam nach Monaten völliger Dürre ein richtiges Unwetter auf und egal wo ich mich hin flüchtete, ich wurde nass bis auf die Haut. Plötzlich kam die Frau aus dem Haus mit einem großen Tuch in der Hand und wickelte mich darin ein. Ich zitterte vor Angst und Kälte, doch sie rubbelte unbeachtet dessen weiter und ich wurde trocken. Ich war so dankbar! Da wusste ich: Ich möchte dort sein wo die Frau und das Mädchen sind.
Nur war da dieser große Mann, der mich an meinen ersten “Herr” erinnerte und jedes Mal wenn er sich bewegte, dachte ich, ich bekomme wieder einen Tritt oder Schläge.
Doch die Frau ließ nicht locker. Sie legte mir ein Halsband um und plötzlich hatte ich das Gefühl, ich war wieder ein Teil von einem Rudel und kein einsamer Streuner mehr. Ich gehörte wieder zu jemandem! Einige Tage später bekam ich ein Geschirr um. Das war mir egal, das störte mich nicht. Nur das da plötzlich eine Leine dran war und ich der Frau folgen sollte, das war mir doch sehr suspekt. Aber schließlich trottete ich mit. Ich wäre ihr überall hin gefolgt.
Wieder einige Tage später stürzte die Frau und auch das Kind plötzlich mit aus den Augen stürztenden Wasserfällen auf mich zu und streichelten mich ganz doll. “Wir dürfen dich mitnehmen. Du wirst ein ganz tolles Leben bei uns führen. Du kommst mit uns zurück nach Deutschland” flüsterte mir die Frau zu.

Und dann, am nächsten Tag, wurde ich plötzlich in das silberne Auto gehoben. Ich hatte solche Angst! Ich dachte, ich werde wieder in die Berge gebracht und geschlagen und sich selbst überlassen!
Doch das Mädchen saß bei mir, redete die ganze Zeit mit mir und als dann noch das Fenster aufgemacht wurde, hielt ich meine Nase in den Fahrtwind und beruhigte mich etwas. Die Gerüche waren mir so vertraut und ich erinnerte mich an die Zeit der Flucht nach dem Aussetzen.
Dann ging es richtig los. Ich musste in einen Raum, der nach ganz vielen Tieren roch. Hier waren schon alte, junge, kranke, gesunde Hunde gewesen. Ich wurde auf eine Liege gehoben und “AUTSCH, tat das weh!” bekam einen Pieks. Die Menschen redeten viel und ich wurde ungeduldig, so dass mich die Frau nach draußen führte. Hier ging es mir besser, aber es war so anders als dort, wo ich Zuflucht gefunden hatte. Es war laut, so viele Autos und es war furchtbar heiß. Schließlich ging es wieder ins Auto und an einen anderen Ort wo sehr viele Hunde warteten, die krank waren. Ich konnte es riechen.
Ich war geduldig und ruhig, naja, ehrlich gesagt hatte ich richtig Angst. Schließlich ging es wieder in einen Raum, ich wurde gewogen (17,2 kg) mir wurde in die Ohren geschaut (schwere Entzündung) und mir wurde Fieber im Po gemessen, im PO!!!!! Bevor ich mich davon erholt hatte, bekam ich einen erneuten Pieks und wir waren fertig. Ich war mit meinen Nerven am Ende und einfach nur froh, als ich wieder im Auto war. Ich träumte von meinem Sandhaufen. Er kam mir vor wie das schönste Fleckchen Erde dieser Welt. Doch zunächst mussten wir nochmal dorthin, wo ich den ersten Pieks erhalten hatte und dann endlich ging es heim.

Erschöpft ließ ich mich vor der Tür nieder und wollte nur meine Ruhe. Am nächsten Tag ging es mir gar nicht gut. Das lag wohl an der Spritze die ich bekommen hatte. Ich schlief sehr viel und war froh, dass die Menschen ein Auge auf mich hatten.

Zum Glück ging es mir schnell wieder besser und das war gut so, denn das Abenteuer Auto kam erneut auf mich zu. Es machte mir gar nicht mehr so viel aus, was wohl an den Tabletten lag, die mir die Menschen in mein Futter gemacht hatten. Zum Glück, denn ich wurde in eine Wanne gestellt und der ganze Schmutz der Straße wurde von mir runter gewaschen. Jetzt machte ich meinem Namen alle Ehre, ich war wirklich “Bello”, zumindest sagte das jeder, der mich nun sah.

Zwei Tage nach dem Bad hieß es Abschied nehmen und ich fuhr knapp 1900 km mit meiner neuen Familie nach Deutschland. Die Reise war sehr anstrengend und ich bin meiner neuen Familie auf einem Parkplatz in Parma ausgerissen, doch dann dachte ich “Warum?” denn dann wäre ich wieder auf der Straße gewesen. Ich fuhr zum ersten Mal Aufzug, schlief die erste Nacht in einem Zimmer und dann ging es weiter im Auto. Ich war so erschöpft, als wir endlich zu Hause ankamen. Ich wollte nur noch schlafen, was ich dann auch tat. Endlich war ich angekommen.

Euer Bello

Die Geschichte von Bello ist ziemlich genau so passiert. Wir wissen, dass er in einem Zwinger gelebt hat, dass er schwerst misshandelt und ausgesetzt wurde. Sein Glück war, dass er den Verwandten meines Mannes zugelaufen ist, die ihr Herz für ihn geöffnet und ihn gesehen haben. Das ist das größte Problem: Die Streuner werden nicht gesehen, somit ihre Identität, ihr Selbstwert zerstört, bis sie nur noch vor sich hinvegetieren. Wir haben Bello seine Identität zurück gegeben, sind immer noch dabei und jetzt darf er endlich “nur” Hund sein.

Es gibt tausende Hunde wie Bello, die unsere Stimme benötigen, damit ihr Leid ein Ende hat! Darauf möchte ich am Welttag des Hundes aufmerksam machen.

Die Geschichte von Bello ist noch nicht zu Ende! Ich werde ein Tagebuch aus Sicht von Bello schreiben und euch so am Leben dieses besonderen Hundes teilhaben lassen. Es ist eine Wahnsinnsreise, ein Abenteuer, einen Streuner ins Leben zurück zu führen. Ich musste harte und schmerzende Entscheidungen treffen und hadere oft mit mir, ob wir richtig gehandelt haben, als wir uns entschlossen Bello mitzunehmen. Doch dann sehe ich wie er friedlich in seinem Korb oder auf seinem Kissen schläft und weiß: Es war richtig!

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